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Ein Kreuz für das Kreuz
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Ein Kreuz für das Kreuz
5,5 Millionen Einwohner sind am Sonntag zu einer Wahl aufgerufen, die traditionell eher weniger Beachtung findet: die Kirchenwahl. Die Wahlbeteiligung lag bei der letzten Wahl vor vier Jahren bei gerade mal 12 Prozent. Gewählt werden die lokalen Gemeindevorstände, -kirchenräte und Bistumsräte sowie die Synode. Um die Wahlbeteiligung zu erhöhen, werden Einkaufsgutscheine und Äpfel verteilt, und hat die Kirche gar Anzeige geschaltet in Comic-Heften. Ob dies mehr Gläubige zu den Urnen führt, wird sich am Sonntag zur Kirchenwahl zeigen.
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(Mit freundlicher Genehmigung von Radio Schweden)
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- Schwedenfreund
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Re: Ein Kreuz für das Kreuz
Hmmm, diese Kirchenwahlgeschichte ist mir doch fremd und eher unverständlich. Aus D kenne ich die Kirchenvorstand-/Presbyterwahlen, die in meinen Augen konkreten Sinn machen. Aber dass nun alle möglichen Parteien und Gruppierungen in die Kirche gewählt werden wollen
Was denkt ihr darüber, wer hat Erfahrungen?
LG
Tulipa

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Tulipa
man vet aldrig, vem som finns där ute
- Ronja_Rövardotter
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Re: Ein Kreuz für das Kreuz
Seit etwa drei Wochen ist mein Briefkasten proppvoll mit Werbekatalogen von diverseren "Parteien", die zur Kirchenwahl aufrufen. Betrachtet man diese Schriften näher, so liest sich das ganze eher wie das Wahlprogramm einer politischen Partei.
Die übergreifenden Slogans hören sich sinnvoll an und emotionalisieren auch sehr stark ("... wir sind für eine gute Pflege von Alten und Behinderten"). Klar, wer ist nicht dafür. Über mehrere Seiten lassen sich die Kandidaten dann darüber aus, wie wichtig die Menschenwürde auch im Alter ist (stimmt) und das auch sozial schwachen Familien mit behinderten Kindern eine gute Unterstützung gewährleistet sein soll (ebenfalls wünschenwert). Leider äussert sich niemand darüber, wie man das realisieren möchte
Mir scheinen diese strubbeligen Hochglanzkataloge ein kostenintensives Blendwerk zu sein und ich werde nicht wählen - ich wüsste trotz der Lektüre auch immer noch nicht, wen.
Die übergreifenden Slogans hören sich sinnvoll an und emotionalisieren auch sehr stark ("... wir sind für eine gute Pflege von Alten und Behinderten"). Klar, wer ist nicht dafür. Über mehrere Seiten lassen sich die Kandidaten dann darüber aus, wie wichtig die Menschenwürde auch im Alter ist (stimmt) und das auch sozial schwachen Familien mit behinderten Kindern eine gute Unterstützung gewährleistet sein soll (ebenfalls wünschenwert). Leider äussert sich niemand darüber, wie man das realisieren möchte

Mir scheinen diese strubbeligen Hochglanzkataloge ein kostenintensives Blendwerk zu sein und ich werde nicht wählen - ich wüsste trotz der Lektüre auch immer noch nicht, wen.
LG
Ronja
"När förändringens vindar blåser, bygger vissa vindskydd medan andra bygger väderkvarnar."
Ronja
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- Schwedenfreund
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Re: Ein Kreuz für das Kreuz
Danke Hansbaer und Ronja für eure Antworten.
Nun bin ich aber doch irritiert. Seid ihr denn Mitglieder der schwedischen Kirche? Ich habe das so verstanden, dass nur solche wählen dürfen? Und dafür muss man doch extra eintreten, habt ihr das getan?
Unsere Familie ist nur mit einem Mitglied dabei, unserem in Schweden getauften Kind. Mein Mann und ich wollten eigentlich eintreten und haben deswegen schon mal mit einem Pfarrer gesprochen. Der war nur mässig interessiert, und dabei ist es dann geblieben.
Heute und gestern waren mehrere Leserbriefe in der Zeitung, die sich beklagen, dass alle Gruppierungen mit "äusseren" Dingen werben: Gutes tun für Alte und Kranke und Kinder usw. Dass so etwas wie Glaube nirgendwo auftaucht und Gott daher zusehen müsse "att vara med" = dass er überhaupt dabei ist.
LG
Tulipa
Nun bin ich aber doch irritiert. Seid ihr denn Mitglieder der schwedischen Kirche? Ich habe das so verstanden, dass nur solche wählen dürfen? Und dafür muss man doch extra eintreten, habt ihr das getan?
Unsere Familie ist nur mit einem Mitglied dabei, unserem in Schweden getauften Kind. Mein Mann und ich wollten eigentlich eintreten und haben deswegen schon mal mit einem Pfarrer gesprochen. Der war nur mässig interessiert, und dabei ist es dann geblieben.
Heute und gestern waren mehrere Leserbriefe in der Zeitung, die sich beklagen, dass alle Gruppierungen mit "äusseren" Dingen werben: Gutes tun für Alte und Kranke und Kinder usw. Dass so etwas wie Glaube nirgendwo auftaucht und Gott daher zusehen müsse "att vara med" = dass er überhaupt dabei ist.
LG
Tulipa
man vet aldrig, vem som finns där ute
Re: Ein Kreuz für das Kreuz
... in meinem Fall kann ich mich gar nicht daran erinnern, dass ich irgendwann mal gefragt worden wäre.Unsere Familie ist nur mit einem Mitglied dabei, unserem in Schweden getauften Kind. Mein Mann und ich wollten eigentlich eintreten und haben deswegen schon mal mit einem Pfarrer gesprochen. Der war nur mässig interessiert, und dabei ist es dann geblieben.

Irgendwie wurde ich mit der Anmeldung der Personennummer "per automatik" zu einem Mitglied der Svenska kyrkan und zahle so brav meine Kirchen-/und Begräbnissteuer. Vor einiger Zeit dachte ich mal daran, dass ich als eigentliche "Katholikin" diesen Zustand doch verändern müsste, was allerdings nicht so einfach mehr geschehen kann: D. h. der Austritt ist - so wurde mir von Skatteverket gesagt - nur einmal im Jahr möglich und muss vor Ende Monat November bei der "Församling" angemeldet und durch Ausfüllen mehrerer Formulare beantragt werden. Die Kirchensteuer muss auch noch für das ganze Jahr bezahlt werden, bevor man dann endgültig ausgetreten ist.
Da mir dieses Prozedere irgendwie zu viel ist, lasse ich es eben dabei und bin weiterhin Mitglied der schwedischen Kirche ... hoffe aber schon intensivst, dass die Verwechselung nicht dazu führt, dass ich irgendwann dann mal im "schwedischen Himmel" lande ....

Bei den Kirchenwahlen halte ich mich auch raus - irgendwie ist mir das Ganze auch zu kompliziert und ich sehe auch nicht, dass das so einen großen Nutzen hätte.
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- Schwedenfreund
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Re: Ein Kreuz für das Kreuz
also ich bestimmt nicht, habe "persönlich" nie etwas von denen gehört. Alle Post kommt namentlich an unser Kind, so sind wir ja auch informiertS-nina hat geschrieben: Irgendwie wurde ich mit der Anmeldung der Personennummer "per automatik" zu einem Mitglied der Svenska kyrkan und zahle so brav meine Kirchen-/und Begräbnissteuer.

Du bist doch vor der Staat-Kirchentrennung hierhergezogen, vielleicht liegts daran?
Aber gehe ich denn nun richtig in der Annahme, dass mein Mann und ich als Nur-Mitglieder-der-deutschen-Kirche hier nicht wahlberechtigt sind?
LG
Tulipa
man vet aldrig, vem som finns där ute
Re: Ein Kreuz für das Kreuz
Ja, nur Mitglieder der schwedischen Kirche dürfen wählen. Ich bin Mitglied der deutschen Gemeinde in Stockholm, welche wiederum Mitglied der schwedischen Kirche ist. Sie ist eine so genannte "Icke territoriell församling", also eine Gemeinde, die keinen festen Bezirk hat. Bei den "normalen" Gemeinden wird man ja anscheinend so wie in Deutschland einfach in die zuständige Gemeinde des Wohnorts gesteckt, sofern man in der Kirche ist.Tulipa hat geschrieben:Nun bin ich aber doch irritiert. Seid ihr denn Mitglieder der schwedischen Kirche? Ich habe das so verstanden, dass nur solche wählen dürfen? Und dafür muss man doch extra eintreten, habt ihr das getan?
Ich wurde einige Monate nach meiner Ankunft hier per Post gefragt, ob ich Mitglied werden wolle. Der Grund war wohl, dass sie deutsche Staatsbürger, die sich in Stockholm neu anmelden, automatisch anschreiben.
Eintreten darf nicht jeder: man muss evangelischer Konfession sein (wobei das anscheinend nicht so eng gesehen wird) und man muss z.B. deutscher Staatsbürger oder mit einem Gemeindemitglied verwandt sein (es gab da mehrere mögliche Kategorien).
Wäre ich da nicht eingetreten, wäre ich heute kein Kirchenmitglied und würde nur die Begräbnisabgabe bezahlen. So bezahle ich auch Kirchensteuer und habe das Wahlrecht.
Was S-Nina beschreibt, ist mir in ähnlicher Form schon irgendwo mal zu Ohren gekommen. Da hat mir jemand erzählt, dass man für einen Kirchenaustritt persönlich vorstellig werden muss. In jedem Fall sind die Hürden zum Austritt anscheinend hoch genug, dass nach wie vor fast drei Viertel aller Schweden Mitglied sind.
Mit Wahlwerbung wurde ich nicht gerade bombardiert, aber ich gebe ganz offen zu: meine Wahl gestern war vollkommen unqualifiziert, denn echte Information gibt es da kaum, wie mir scheint. Ich habe nur spontan und nach dem Namen gewählt.
Eine Kirchenmitgliedschaft ist nicht universell - daher hat die deutsche Mitgliedschaft nur insofern Bedeutung, als dass die Taufe euch zur Mitgliedschaft in Schweden qualifiziert.Aber gehe ich denn nun richtig in der Annahme, dass mein Mann und ich als Nur-Mitglieder-der-deutschen-Kirche hier nicht wahlberechtigt sind?
Ihr müsstet also eintreten. Entweder in die lokale Gemeinde oder an eine nicht-territoriale Gemeinde wie die deutsche Gemeinde in Göteborg.
Die schwedische Kirche ist dabei evangelisch-lutherisch und hat immer noch eine Sonderrolle. Andere Kirchen wie die katholische gibt es hier als sogenannten "Trossamfund". Wenn man dort Mitglied ist, kann man aber auch nicht in den Kirchenwahlen wählen.
Das sind alles noch Nachwirkungen aus den Zeiten der Staatskirche. So verwaltet die schwedische Kirche laut Wikipedia bis heute noch die Begräbnisabgabe, obwohl diese von Leuten gezahlt wird, die gar nicht Mitglied in der Kirche sind und daher gar kein Mitspracherecht haben.
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Re: Ein Kreuz für das Kreuz
Hej Hansbear,Da hat mir jemand erzählt, dass man für einen Kirchenaustritt persönlich vorstellig werden muss.
ich musste nirgendwo antreten

Das Ganze liess sich dann ganz einfach schriftlich rückabwickeln (sogar per Mail), ich habe dann sogar noch einen netten Brief bekommen, dass ich natürlich dennoch jederzeit zum Gottesdienst willkommen bin, leider aber kein Recht auf kirchliche Trauung habe, jederzeit wieder eintreten dürfe usw. usw. Wie auch immer - im Zuge meines Austritts ist mein Mann auch ausgetreten und das war genause einfach und komplikationslos. Ich vermute, dass viele Schweden (ist es in D nicht ähnlich?) einfach aus Bequemlichkeit in der Kirche bleiben.
Gruss Bettina
Re: Ein Kreuz für das Kreuz
... siehe da, die Församling Släps/Vallda geht mit der Zeit ...Das Ganze liess sich dann ganz einfach schriftlich rückabwickeln (sogar per Mail),
http://www.valldapastorat.se/index.htm
Danke für den Hinweis Bettina. Mein letzter "Austrittsversuch" liegt nun schon einige Jahre zurück - hauptsächlich aus Bequemlichkeit und auch, weil ich, als mein Sohn noch klein war, die Aktivitäten der Gemeinde gerne beanspruchte, habe ich das dann auch gelassen.
Die Gemeinde ist eigentlich recht aktiv - die diversen Kindergruppen fand ich immer recht schön - vor allem, weil es wohl tatsächlich kaum eine Rolle spielt, ob man nun Mitglied der Kirche ist, welcher Konfession man angehört usw. Die Släps-Kirche ist auch eine sehr hübsche kleine Dorfkirche - die dortigen Konzerte sind auch empfehlenswert und sogar für die Größe der Gemeinde/Kirche von erstaunlich hohem Niveau!
http://www.valldapastorat.se/slap/index_s.htm
Eine Frage hätte ich noch: Hattest du bei deinem Austritt die ja eigentlich irrtümlich gezahlte Kirchensteuer zurückbekommen?
S-nina