so, die ersten zwei Doppelreihen Holz stehen, da werde ich mir jetzt mal Mühe geben, meine "Beschwerde-Erfahrung" (das klingt als würde ich mich damit in meinem Leben hauptsächlich beschäftigen

Es gibt da ja mehrere Taktiken:
Bei großen Unternehmen, Organisationen, öffentlicher Verwaltung:
1. Die "Hilft-mir-denn-keiner"-Masche:
Ich habe ein Problem und nur Du kannst mir helfen. Das führt in D tatsächlich überraschend oft dazu, dass sich jemand aus seiner Arbeits-Lethargie reißt und den "Fall" zu seinem eigenen macht - sei es aus preussischem Pflichtgefühl oder weil er schon immer mal "Batman - der Rächer der Entrechteten" sein wollte. Dabei wird sogar mal außerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches gearbeitet und das Ergebnis ist nicht immer im interesse des jeweiligen Arbeitgebers - aber im Interesse der "höheren Gerechtigkeit".
Verrückt diese Deutschen.
Leider bin ich damit in Schweden bisher nicht weitergekommen.
2. Die Variante "Logik und Vernunft"
Das Ergebnis ist absurd, also muss auf dem Weg ein Fehler unterlaufen sein. Finden, korrigieren, fertig.
Reaktion in S: Mag schon sein, dass das merkwürdig aussieht, aber ich habe ja nur unsere (internen) Regeln befolgt.
Die Regeln sind in diesem Falle unzutreffend oder verstoßen gar gegen geltendes Recht? Jo, das ist nicht meine Verantwortung. Ich mache ja nur meinen Job.
3. "Höflichkeit und freundliche Persistenz"
Ich habe mal im März in einem Segelbedarfs-Laden ein paar Sachen für unser Boot bestellt. Nichts besonderes, Standard-Massenware, aber eben wichtig für die Saison. Die Sachen sollten nächste Woche da sein. Nach zwei Wochen habe ich angerufen. Antwort: Ja, ist bestellt, kommt nächste Woche. Ganz sicher.
Danach habe ich im vierzehntägigen Rhythmus angerufen und höflich deutlich gemacht, dass ich die Dinge wirklich brauche. Dringend. Mai, Juni, Juli - ab August nur noch alle vier Wochen.
Ende September kam das Boot wieder aus dem Wasser. Mitte Oktober kam ein Anruf: Wann ich denn endlich meine Sachen abholen würde - die stünden schon seit zwei Wochen in der Butik rum und wären ständig im Weg.
Erst war ich etwas perplex, dann habe ich mir gedacht, dass ich vielleicht meinen "Stützt-die-heimische-Wirtschaft"-Trip etwas hinterfragen muss und statt dessen besser für weniger als die Hälfte des Preises bei einem großen deutschen Versender bestelle und sage also "Åh, så synt - da habe ich doch gerade woanders gekauft." Mannomann, wurde der Mann da..., also höflich war das nicht.
Woraus ich schließe, dass bei einer ernstzunehmenden Beschwerde der Schwede auch nicht höflich beibt und er eine höfliche Beschwerde nicht ernst nimmt.
4. Die Macho-Tour:
In USA führt bei Privatpersonen "I will sue you" oder bei Angestellten "Your name, please? And the name and phone number of your boss?" recht oft zum Erfolg.
Nach dem niederschmetternden Erfolg unter 2. habe ich das in Schweden noch nicht probiert - ich fürchte, der jeweilige Sachbearbeiter könnte mir vor Freude um den Hals fallen: "Klasse - dann bekommt's die Rechtsabteilung und ich hab's vom Tisch."
5. Das Imrhien-Patent (© Wiebke):
Also nun bei der Holzgeschichte habe ich den Lieferanten am selben Tag angerufen.Imrhien hat geschrieben: Oder aber man sagt erst mal was richtig nettes und dann so im nebensatz kann man sagen, dass es da aber auch noch folgendes Problem gäbe....
Auf diese Weise wären die betreffenden Personen nicht gleich in Verteidigungshaltung und sehr hilfsbereit.
Oh oh - Kunde ruft direkt nach Lieferung an! Stahlhelm auf, Abwehrhaltung.
Ich mache ihm ein Kompliment zu seiner hervorragenden Kommunikation.
Er wird lockerer.
Das hätte ich ja schon ganz anders erlebt.
Ich "höre" ihn durch das Telefon strahlen.
Auch dass er die Verschiebung der Lieferung vorher angekündigt hat - so aufmerksam.
(Wenn ich jetzt nicht langsam die Luft herauslasse, platzt er am anderen Ende vor Selbstzufriedenheit.)
Aber da sind so viele Birken mit Nadeln dran?
"Birken mit Nadeln - Nähä - das müssen wohl Fichten sein."
Jaså - hast Du da Fichten mit reingetan?
"Jo, ja, öh..."
Oh, dann wird's ja sicher billiger?
"Ja, äh... för fan!"
Tack så mycket! Ich wusste ja, dass Du ein ehrlicher Kerl bist!
Von der Zusage ist er nicht mehr runtergekommen - auch wenn sich das Gespräch danach noch knapp 40 Minuten um die unterschiedlichen Heizwerte von Birkenholz und Fichtenholz und trockenem Fichtenholz und nassem Birkenholz... drehte.
Danke Wiebke!
Viele Grüße
Samweis