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#COVIDー19 Update: Walpurgisfeiern aufgrund der Coronakrise abgesagt!
Aufgrund der Coronapandemie wird es 2020 in Schweden keine große Walpurgisfeier und keine Maifeuer geben. Erlaubt sind öffentliche Versammlungen nur mit weniger als 50 Personen.
Abgesagt wurden beispielsweise die Feiern im Skansen in Stockholm, im Folkets Park in Malmö, im Slottsskogen in Göteborg sowie die traditionsreichen Studentenfeiern zum Letzten April / 1. Mai in Uppsala.
Walpurgis in Schweden
Im südlichen Schweden ist der Schnee bereits weggeschmolzen, hat Wiesen und Blätter und erste Blüten befreit. Die Tage können frühlingshaft warm sein: Am 30.4.2023 wird wieder Walpurgisnacht gefeiert, in Schweden oft einfach valborg (kurz für valborgsmässoafton) oder sista april (Letzter April) genannt, und mit ihr das Ende von Altem, Verbrauchtem und die Ankunft des lang ersehnten Frühlings: Der 1. Mai!
Wie auch in Deutschland werden in dieser Nacht in vielen schwedischen Orten und Gemeinden große Feuer entzündet. Majbrasa, das Maifeuer, wird in Schweden aber weniger mit Hexen und ihrem Schabernack in Verbindung gebracht; vielmehr geht bei diesem Frühlingsfest alles Alte und Dunkle in Flammen auf, damit Neues entstehen und Licht und Leben wieder Einzug halten können. Und wie sehnen die Schweden nicht den Frühling herbei, nach all diesen langen, kalten und dunklen Monaten!
Der Letzte April: valborg als hoher studentischer Festtag
Wer richtig mit den Schweden Walpurgis feiern möchte, sollte sich in eine der Studentenstädte begeben – vorzugsweise nach Uppsala, wo in der ältesten Universität des Nordens die Traditionen noch lebendig sind. Valborg ist dort ein Hochfest, eines der großen Ereignisse im studentischen Jahreskreis.
Der typische Tagesablauf eines schwedischen Studenten am 30. April (valborg) sieht folgendermaßen:
- Früh morgens: Sektfrühstück mit Haferbrei und Erdbeeren
- Vormittag: Traditionelles Bootsrennen auf der Fyris (forsränning)
- Mittagessen bei Freunden oder im Park: Sillunch, also Hering, neue Kartoffeln und viel Schnaps
- 15:00 Uhr: Der Rektor der Universität heißt den Frühling offiziell willkommen, vor Tausenden jubelnder Studenten. Die Mützen werden auf den Kopf gesetzt (mösspåtagning)
- Danach "Champagnerlauf" den Schlosshügel hinab, und zum Weitertrinken in die Studentenkneipen hinein
- 21 Uhr: Wer jetzt noch aufrecht stehen kann, trifft sich an der Gunillaglocke beim Schloss, lauscht Reden und den sehnsuchtsvollen Frühlingsliedern des Studentenchors "Allmäna Sången"
- Die Walpurgisnacht nimmt ihren Lauf, in den Studentennationen wird weiter getrunken und gefeiert. Zum Glück ist der 1.Mai arbeitsfreier und vorlesungsfreier Feiertag...
Walpurgis! Ein Student aus Uppsala erzählt ...
Welch ein Tumult tobte in der Stadt! Ich war wie erschlagen von der Masse der Menschen, die dem Ufer der Fyris zuströmten, um sich am Schauspiel des forsränning, des Wasserfallrennens, zu ergötzen. Die Brücken über St. Olofgatan und Drottninggatan wankten unter der Last der vielen Tausend Studenten, die sich hier an valborg einen guten Ausblick auf den Fluss erhofften.
Wir kämpften uns zu einem kleinen offenen Fleck unterhalb der östlichen Bachstraße durch; von hier aus sollten wir die meisten Boote sehen können. Ich öffnete unsere zweite Flasche Sekt. Da kamen bereits die ersten Boote in Sicht – falls man sie nun so nennen konnte. Gut fünfzig Studententeams zu je drei oder vier Mann hatten in den vergangenen Wochen an ihrem Gefährt gebastelt. Schnelligkeit spielte keine Rolle, nur schwimmfähig mussten die Eigenkonstruktionen sein, und originell gebaut! Dafür gab es Punkte, von einer Jury, die am zweiten Wasserfall aufpasste. Jedes Fantasieboot kam in die Wertung, das heil durch beide Fälle steuerte.
Zunächst tauchte ein Feuerwehrboot hinter der Böschung auf, und die Leute vor uns begannen zu kreischen; auch uns traf ein Schwall eiskalten Fyriswassers, aus einer handbetriebenen Pumpe weit in die Zuschauermenge gespritzt. Weiter drüben paddelte eine Abordnung der technischen Linie; in silberne Raumfahrer-Overalls gewickelt, bereitete die Mannschaft im Heck einen Raketenstart vor. Ein lauter Knall, eine Stichflamme – dann stieg beinahe majestätisch eine Spielzeugrakete hoch in die Luft. Sie verfehlte bei der Landung nur knapp einen "Skiläufer", einen wahrhaft todesmutigen Kerl: Mit einem Stock in jeder Hand stieß er sich wechselseitig ab und schien über den Fluss zu wandeln. Aber wie hielt er sich über Wasser? Irgendwie war es ihm gelungen, Bindungen auf der Flachseite zweier Wasserkanister anzubringen, die scheinbar genug Luft enthielten, um sein Gewicht auszugleichen. Hier zeigte sich wahre Risikobereitschaft! Jakob stieß mit mir an, und wir schlossen Wetten ab, ob der tollkühne Läufer den Wasserfall unter der nahen Brücke überleben würde.
Valborg: Um 15 Uhr fliegen die weißen Studentenmützen
Nun blieben jedenfalls nur noch fünf Minuten bis zur Walpurigs Frühlingszeremonie, und die Schar der Studenten wuchs ins Unermessliche. Nicht nur ein großer Teil der zweiundzwanzigtausend Uppsalastudenten war inzwischen auf dem abgesperrten Platz vor der Bibliothek versammelt, auf dem Schlosshügel und an der Kreuzung zwischen Övre Slottsgatan und Drottninggatan – es waren ja auch Gäste da, Studenten von Stockholm, von Göteborg, selbst von Lund! Da öffnete sich eine Türe hoch oben zum Balkon der Carolina Rediviva, und heraus trat unser Rector Magnificus Stig Strömholm. Der Lärm verebbte, über den Platz senkte sich eine beinahe unwirkliche Stille. Wenige Regentropfen fielen, dann brach die Sonne wieder hervor. Dong! Dong! Dong! Dreimal schlug die tiefe Glocke vom Dom her, und dreimal antwortete ein hellerer Klang aus der Stadt. Strömholm hob grüßend seine Mütze – und unter ihm brach ein unbeschreiblicher Jubel los, zigtausende von Studentenmützen antworteten ihm, sie wurden wild geschwenkt, hoch in die Luft geworfen und endlich wieder aufgesetzt. Hurra! Hurra! Hurra! Der Frühling in Schweden hatte begonnen!
Jetzt kannte die Menschenmenge kein Halten mehr, die Studenten begannen zu laufen und zu hüpfen, der riesige Strom weißer Mützen wälzte sich die Drottninggatan herab und überflutete die Stadt: Der 'Champagnegalopp' der Walpurgisfeier hatte begonnen. Nun sollte gefeiert und getrunken werden, das gewaltige Heer der Studenten kannte nur ein Ziel, die Studentennationen nämlich. Es war Brauch, in jeder Nation zumindest ein Glas Sekt zu trinken, bevor das Feiern in den Parks und auf den Plätzen der Studentenstadt weitergehen sollte.
Um mich herum wurde es lichter und leerer, als meine Kommilitonen zu Snärkes Nation rannten, und endlich hatte ich so viel Platz, dass ich mich zumindest wieder bewegen konnte. Dann sah ich sie ... Ingela war hier, suchend ging sie am Eingang der Bibliothek auf und ab mit ihrer kecken Studentenmütze, in die ich erst letzte Nacht meine Unterschrift gesetzt hatte. Und ich lachte und drängelte und rannte dann endlich ebenfalls los.