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Erweckungsbewegungen und Freikirchen
Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter der großen Erweckungs- und Volksbewegungen. Gemeinschaften wie die 1856 gegründete halbkirchliche Bewegung Evangelische Vaterland-Stiftung blieben innerhalb der Kirche. Andere, wie die methodistischen und baptistischen Strömungen, waren der Kirche gegenüber äußerst kritisch eingestellt.
1858 wurde die Abhaltung privater Zusammenkünfte wieder erlaubt. Das Dissenter-Gesetz von 1860 bzw. 1873 war ein weiterer Schritt zur Religionsfreiheit. Damit erhielten schwedische Bürger das Recht, aus der Schwedischen Kirche auszutreten unter der Voraussetzung, einer anderen, nunmehr zulässigen und staatlich genehmigten Religionsgemeinschaft beizutreten. Dieses Gesetz galt bis 1952, erst danach wurde in Schweden die volle Religionsfreiheit eingeführt.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine Vielzahl von Freikirchen gegründet, „frei“ hier im Verhältnis zum Staat. 1857 kam der Bund Schwedischer Baptistengemeinden hinzu, 1872 die Gemeinde der Freien Baptisten nach einem Schisma innerhalb der Baptistengemeinde.
Der Schwedische Bund Freier Evangelischer Gemeinden entstand 1878 und entwickelte sich bald zur größten freikirchlichen Gemeinde. 1919 stieß die Schwedische Allianzmission mit Wurzeln in der Erweckungsbewegung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts als Gemeinschaft für die innere und äußere Mission hinzu.
Die Methodistenkirche wurde 1868 gegründet. Die Heilsarmee nahm 1882 ihre Tätigkeit in Schweden auf. Aus dieser internationalen Organisation ging 1905 die nationale Schwedische Heilsarmee hervor.
1880 entstand die Adventistengemeinde, der Heilsbund wurde 1887 gegründet und 1892 die Örebro-Mission, eine Gemeinschaft, die von Anfang an auch Frauen zu Evangelisten und Missionaren ausbildete. 1990, etwa hundert Jahre später, schlossen sich die Gemeinde der Freien Baptisten, der Heilsbund und die Örebro-Mission zusammen und bildeten „Nybygget – kristen samverkan“ (ab Herbst 2002 Evangelische Freikirchen).
Die Pfingstbewegung erreichte Schweden bereits früh und nennt 1913 als Entstehungsjahr nach dem Ausschluss der Stockholmer Philadelphia-Gemeinde unter Leitung von Lewi Pethrus aus der Baptistengemeinde. Die Pfingstbewegung und der Schwedische Bund Freier Evangelischer Gemeinden, seit 2003 unter dem Namen Schwedische Kirche Evangelischer Gemeinden, verfügten zeitweilig mit jeweils über 100 000 über die meisten Mitglieder innerhalb der freikirchlichen Glaubensgemeinschaften; Anfang des 21. Jahrhunderts liegt ihre Mitgliederzahl bei etwa 90 000 bzw. gut 65 000.
Für alle diese Glaubensgemeinschaften- und Bewegungen – vereint im Rat der Freien Evangelischen Gemeinden Schwedens – gilt, dass die Mitgliedschaft ein persönliches Glaubensbekenntnis voraussetzt. Die Anzahl der eingetragenen Mitglieder schwedischer Freikirchen beträgt insgesamt gut 210 000, zuzüglich so genannter Nutznießer, d.h. ein weiter gefasster Personenkreis, der ohne Mitgliedstatus an den Aktivitäten teilnimmt.
Die Glaubensbewegung wurde Anfang der 1980er Jahre in Schweden ins Leben gerufen. Treibende Kraft war Ulf Ekman, ehemaliger Pastor der Schwedischen Kirche. 1983 gründete er in Uppsala die Gemeinde Wort des Lebens, die mit etwa 40 Glaubensgemeinschaften auf ca. 6 000 Mitglieder kommt; 1995 wurde den Pastoren dieser Gemeinden das Recht eingeräumt, Eheschließungen vorzunehmen.
Religiöse Vielfalt
Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage („Mormonen“) leitete 1850 ihre Mission in Schweden ein. 1985 weihten die Mormonen in der Nähe von Stockholm einen Tempel ein. Die Zeugen Jehovas sind seit den 1990er Jahren aktiv. Beide Organisationen erhielten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erheblichen Zulauf.
Die Einwanderung der vergangenen 50 Jahre – zunächst Arbeitskräfte und später Flüchtlinge – hat natürlich auch im religiösen Bereich ihre Spuren hinterlassen. Die katholische Kirche zählt ca. 150 000 Mitglieder, die meisten von ihnen ausländische Mitbürger.
Von den christlichen Gemeinden können vor allem die östlichen und orthodoxen Kirchen den größten Zuwachs verbuchen. In Schweden sind fünfzehn solcher Kirchen mit insgesamt 100 000 Mitgliedern aktiv.
Das Judentum ist die am längsten bestehende nicht christliche Weltreligion in Schweden. Bereits 1776 wurde die erste Gemeinde gegründet. Die meisten nach dem Zweiten Weltkrieg nach Schweden eingewanderten Juden kamen aus der ehemaligen Sowjetunion und aus Osteuropa. Über 10 000 Juden gehören einer der drei mosaischen Gemeinden des Landes an.
Die Zahl der Muslime in Schweden lässt sich schwer abschätzen, doch nehmen etwa 100 000 regelmäßig an den Gottesdiensten der Moscheen und an anderen Veranstaltungen teil. Viel zahlreicher sind jedoch die Personen mit islamischer Abstammung, die auf etwa 250 000–300 000 oder mehr kommen. Im Jahre 2000 erhielt auch die Hauptstadt Stockholm eine große und im Zentrum gelegene Moschee.
Der Zuzug von Hindus erfolgte sowohl aus Indien als auch aus Uganda. Zu den Religionen der Zuwanderer gehören ferner der Sikhismus und der Buddhismus.
Die zu Beginn der 1970er Jahre aufgekommenen neuen religiösen Strömungen und die später entstandene New-Age-Bewegung zählen bis zu 10 000 aktiv praktizierende und relativ organisierte Teilnehmer. Im Jahre 2000 wurde der Scientology-Kirche in Schweden das Recht gewährt, Trauungen vorzunehmen.
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