Beitragsseiten
Die zwanziger und dreissiger Jahre – die Zwischenkriegszeit
Pär Lagerkvist (1891–1974) war einer der ersten schwedischen modernen Dichter. Die expressionistische Gedichtsammlung Ångest (Angst) war der Beginn der modernen Lyrik in Schweden. Lagerkvists literarisches Werk, zu dem auch Prosa gehört, spielt häufig in der Zeit der Antike und stellt die großen existentiellen Fragen nach der Existenz Gottes und dem Sinn des Lebens. Er war auch Dramatiker und Himlens hemlighet (Geheimnis des Himmels), sein bekanntestes Stück, erinnert an Strindbergs Ett drömspel.
Birger Sjöbergs (1885–1929) Gedicht Kriser och kransar (Krisen und Kränze) ist von der europäischen Moderne inspiriert und erregte bei seinem Erscheinen 1926 großes Aufsehen, einerseits wegen der angsterfüllten expressionistischen Form, andererseits, weil Birger Sjöberg sich früher mit den populären Fridas visor (Fridas Lieder) als Idylliker einen Namen gemacht hatte. Pär Lagerkvists und Birger Sjöbergs lyrische Revolte wurde von den Dichtern der dreißiger und vierziger Jahre wiederaufgenommen.
In der Zwischenkriegszeit traten einige Autoren aus der Arbeiterklasse in Erscheinung: Eyvind Johnson, Vilhelm Moberg, Moa Martinson und Jan Fridegård. Viele von ihnen schrieben autobiographische Romanzyklen im Geist Maxim Gorkis. Eyvind Johnsons (1900–1976) Romanen om Olof (dt. Hier hast du dein Leben) in vier Teilen schildert die Entwicklung eines Arbeiterjungen. Johnson schrieb auch Romane mit historischen Motiven und bezog in Krilonserien (Krilonzyklus) Stellung gegen den Nationalsozialismus.
Der populäre Vilhelm Moberg (1898–1973) erzählt von der schwedischen Provinz und deren Geschichte. Mehrere seiner Romane sind verfilmt worden. So schrieb Jan Troell Filmgeschichte mit dem Auswandererzyklus Utvandrarna (dt. Die Auswanderer), Invandrarna (dt. In der neuen Welt), Nybyggarna (dt. Die Siedler) und Sista brevet till Sverige (dt. Der letzte Brief nach Schweden). Vilhelm Moberg mischte sich auch im Geiste Strindbergs streitlustig in die gesellschaftliche Debatte ein.
Ein weiterer Rebell war Ivar Lo-Johansson (1901–1990), der zur zentralen Gestalt der schwedischen Arbeiterliteratur wurde. Er beschrieb die Gesellschaft der rechtlosen Landarbeiter u.a. in dem Roman Godnatt, jord (dt. Gute Nacht, Erde) und fing die Großstadtmentalität in Romanen wie beispielsweise Kungsgatan (dt. Kungsgatan: Roman einer Straße) ein. Der letztgenannte war ein subversiver Roman, der sich mitten in den dreißiger Jahren, als Bücher verbrannt wurden, mit Prostitution und Geschlechtskrankheiten befaßte.
Von Moa Martinson (1890–1964) erschienen zwanzig Romane über den harten Alltag der Fabrikarbeiterinnen und unfreien Häuslerfrauen. Der autobiographische Zyklus Mor gifter sig (dt. Mutter heiratet), Kyrkbröllop (dt. Kirchliche Trauung) und Kungens rosor (dt. Die Rosen des Königs) sind in den öffentlichen Büchereien Schwedens ständig ausgeliehen.
Zur gleichen Zeit schrieben Agnes von Krusenstjerna, Olle Hedberg und Fritiof Nilsson Piraten eine Reihe bürgerlicher Romane. Agnes von Krusenstjerna (1894–1940) schilderte den »Armenadel« und gestaltete in den Büchern um Tony und im von Pahlen-Zyklus erotisch geprägte Geisteskrankheit. Die Freimütigkeit schuf böses Blut und führte zu heftigen Diskussionen.
Die dreißiger Jahre kündigten sich in der Gedichtanthologie Fem unga (Fünf Junge) von 1929 an. Artur Lundkvist, Harry Martinson, Gustav Sandgren, Erik Asklund und Josef Kjellgren waren Autoren der Sammlung. Die beiden ersteren wurden zu zentralen Gestalten der schwedischen Literaturgeschichte. Inspiriert von Freuds Psychoanalyse blickten sie optimistisch in die Zukunft.
Artur Lundkvist (1906–1991), surrealistischer Lyriker und Prosaist, war während seines ganzen Lebens äußerst produktiv. Außerdem trug er wesentlich dazu bei, Schweden mit internationaler Literatur bekanntzumachen. Harry Martinson (1904–1978) war ein ehemaliger Seemann, der als Vollwaise eine gefährdete Kindheit und Jugend durchlebte. Seine Kindheit beschrieb er im Roman Nässlorna blomma (dt. Die Nesseln blühen). In den dreißiger Jahren wurde er zu einem der führenden schwedischen Naturlyriker. Aber er schrieb auch das Versepos Aniara (dt. Aniara: eine Revue vom Menschen in Zeit und Raum), in dem das Wettrüsten und die galoppierende technische Entwicklung desillusioniert geschildert werden. Es wurde später auch vertont und als Oper aufgeführt.
Viele Schweden können Gedichtzeilen von Karin Boyes (1900–1941) zitieren. Sie war von der Moderne und der Psychoanalyse inspiriert und gehörte den kulturradikalen Kreisen an. Der Zukunftsroman Kallocain, 1940, (dt. Kallocain) kritisiert das nationalsozialistische Deutschland.
Die dreißiger Jahre brachten tonangebende Lyriker wie Johannes Edfelt, Hjalmar Gullberg und Nils Ferlin hervor. Im Jahr 1932 debütierte der vielleicht bedeutendste schwedische Lyriker, Gunnar Ekelöf (1907–1968). Sent på jorden (Spät auf der Erde) wurde als erste schwedische surrealistische Gedichtsammlung bezeichnet. Gunnar Ekelöf schrieb sowohl einfache, unmittelbare als auch experimentelle Gedichte, die häufig von orientalischen Einflüssen geprägt waren. Er zertrümmerte die Buchstaben, um eine neue Sprache zu finden, die mit der zersplitterten Wirklichkeit besser übereinstimmte.
Kommentare
Sandro Key-Åberg (geboren 6.Mai 1922 in Dresden, Deutschland):
ER hat zusammen mit seiner Frau Gudrun (Malerin) lange Zeit in dem alten Schulhaus von der Gemeinde Lönneberga gelebt.
Dieses Haus haben wir 2009 gekauft und zu einem Restaurant mit Bed & Breakfast umgebaut. Neueröffnung war am 25.Juni 2010 (Midsommar)!
Alle, die neugierig sind, wie Sandro und seine Frau hier gelebt haben, Originalbücher von ihm lesen will oder einfach nur die wunderschöne Natur hier geniessen will, ist herzlich eingeladen: [link].
Herzlichste Grüsse aus Schweden senden
Anne und Frank
---
Antwort: Hallo Anne und Frank, danke für die Info! Meldet euch doch einfach mal für eine gegenseitige Verlinkung mit dem Schwedentor.