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Gleichstellung in der Familie
Die Ehe ist in Schweden noch immer die häufigste Form der Familienbildung. Etwa 80 Prozent aller zusammenlebenden Paare sind verheiratet. Die Lebensgemeinschaft ohne Trauschein ist jedoch in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Früher gab es keine Gesetzgebung, die das gemeinsame Eigentum oder die gegenseitigen Verpflichtungen der Partner regelte. Das änderte sich 1987 mit einem neuen Gesetz über das Eherecht und einem Gesetz über Lebensgemeinschaften, das Regelungen zum Vermögen der unverheiratet zusammenlebenden Partner enthält. Es beinhaltet auch Abänderungen des Gesetzes über die Erbfolge und den Nachlass, um die Stellung des finanziell schwächeren Partners bei Scheidung oder Tod des Lebenspartners zu stärken.
Die Scheidungsgesetze behalten in erster Linie das Wohl des Kindes im Auge. Wenn sich beide Parteien über die Scheidung einig sind und sie keine Kinder unter 16 Jahren haben, erfüllen sie automatisch die Bedingungen für eine Scheidung. Andernfalls schreibt das Gesetz eine sechsmonatige Bedenkzeit vor. 1998 wurden die Bestimmungen über das Sorgerecht novelliert, um eine stärkere Anwendung des gemeinsamen Sorgerechtes zu ermöglichen. In Schweden herrscht heute große Einigkeit darüber, dass die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechtes im Allgemeinen die beste Lösung für das Kind/die Kinder ist. Die neuen Regelungen berechtigen das Gericht, ein gemeinsames Sorgerecht anzuordnen oder die Aufhebung einer Entscheidung über gemeinsames Sorgerecht abzulehnen, obwohl sich ein Elternteil gegen ein solches Sorgerecht ausspricht. Vor der Novellierung war der Widerspruch eines Elternteils für die Ablehnung des gemeinsamen Sorgerechtes ausreichend. Der Elternteil, der nicht mit seinem Kind/seinen Kindern zusammenlebt, muss entsprechend seiner finanziellen Lage zum Unterhalt beitragen. Tut er dies nicht, erhält der Elternteil, dem das Sorgerecht für das Kind übertragen wurde, von der Sozialversicherung einen Unterhaltsvorschuss. In 80 Prozent aller Fälle üben die Eltern nach einer Scheidung weiter das gemeinsame Sorgerecht aus. Das bedeutet aber nicht immer, dass ein Kind teils beim Vater und teils bei der Mutter lebt. In neun von zehn Fällen lebt es bei der Mutter.
In Schweden geht die Familienplanung grundsätzlich davon aus, dass die Frau selbst über die Zahl und den zeitlichen Abstand der gewünschten Kinder bestimmen können soll. Deshalb gibt es landesweit viele Beratungsstellen für Familienplanung und Empfängnisverhütung. Die Beschränkungen bezüglich des Schwangerschaftsabbruchs wurden 1975 abgeschafft. Die gesundheitliche Betreuung von Müttern und Kindern ist seit den 70er Jahren kostenlos. Gleiches gilt für die Betreuung während der Schwangerschaft. Die Mütterberatungen bieten regelmäßige Gesundheitskontrollen und verschiedene Formen der Geburtsvorbereitung an. Auch werdende Väter werden zur Teilnahme ermuntert, und viele nehmen diese Gelegenheit wahr. Der Vater ist normalerweise auch bei der Geburt des Kindes anwesend.
Elterngeld und Kinderbetreuung
Die Sozialversicherung ist das Hauptelement der schwedischen Sozial- und Wohlfahrtspolitik. Sie umfasst gesundheitliche und medizinische Dienstleistungen sowie Familienbeihilfen und andere Formen der finanziellen Unterstützung. In den letzten zwei Jahrzehnten sind mehrere Reformen in der Sozial- und Wohlfahrtspolitik durchgeführt worden, um es Frauen und Männern zu ermöglichen, Beruf und Familie zu verbinden.
Das Elterngeld wird bei der Geburt eines Kindes oder der Adoption über einen Zeitraum von insgesamt 480 Tagen gezahlt. Es unterliegt wie auch andere Einkommen der Steuer und ist rentenversicherungspflichtig. 390 der 480 Tage entspricht die Leistung der Höhe des so genannten Krankengelds, d.h. 80 % der für die Berechnung des Krankengelds zugrunde liegenden Einkünfte (SGI), das in der Regel dem aktuellen Jahreseinkommen entspricht. Der Höchstbetrag des Elterngelds beläuft sich auf 874 SEK/Tag.
Für die restlichen 90 Tage erfolgt die Auszahlung in Höhe eines festen Tagessatzes von 180 SEK pro Tag für Kinder, die nach dem 1. Juli 2006 geboren sind. Jeder Elternteil hat 60 Tage, die nach dem jeweiligen SGI fällig werden können und eigens für sie reserviert sind. Diese Tage werden häufig Mamma- bzw. Pappamonat genannt und können nicht an den anderen Elternteil abgetreten werden.
Ein Vater eines Neugeborenen kann im Zusammenhang mit der Geburt seines Kindes neben dem Elterngeld noch für zehn Tage zusätzlich Leistungen in Form von vorübergehendem Elterngeld beziehen. Bei der Geburt von Zwillingen erhöht sich dieser Anspruch der Väter auf 20 Tage. Adoptiveltern können eineinhalb Jahre ab dem Zeitpunkt, zu dem das Kind in ihre Obhut kam, von der Arbeit befreit werden.
2002 nutzten Väter mit 15,5 Prozent in noch nie da gewesenem Umfang die Leistungen der Elternversicherung. Untersuchungen zufolge nehmen allerdings über 50 Prozent der Väter ihr Recht auf bezahlten Elternurlaub während des ersten Lebensjahres des Kindes wahr.
Die Aufteilung des Elternurlaubs auf beide Elternteile bei der Erkrankung eines Kindes ist wesentlich ausgewogener. 2002 wurden 43 Prozent der Urlaubstage zur Pflege kranker Kinder von Vätern genommen. Etwa 80 Prozent der Väter machen vom Recht auf Urlaub bei der Geburt des Kindes Gebrauch. Im Durchschnitt nehmen sie neun von zehn Tagen.
Fast alle Schwedinnen arbeiten bis zur Geburt des ersten Kindes, und immer mehr Frauen kehren innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.
Gute Einrichtungen zur Kinderbetreuung sind eine Grundvoraussetzung für eine Gesellschaft, in der beide Elternteile berufstätig sind. In Schweden sind die Gemeinden für die öffentliche Kinderbetreuung zuständig. Seit den frühen 70er Jahren, als die Frauen in großer Zahl auf den Arbeitsmarkt drängten, erfolgte eine rasche Expansion dieser Einrichtungen. Alle erwerbstätigen Eltern, die eine Kinderbetreuung benötigen, haben einen gesetzlichen Anspruch auf Vorschultagesstätten für Kinder im Alter von 1–6 Jahren und auf Freizeitzentren für Kinder im Alter von 7–12 Jahren. Die Tagesstätten werden entweder von der Gemeinde oder als Kooperative von Eltern oder Angestellten oder auch privat betrieben.