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Entwicklung der Zuwanderung

Die Mitte der 70er Jahre eingeleitete moderne schwedische Einwanderungspolitik gründete sich auf den Erfahrungen und Gedanken der in den 60er Jahren in Schweden erfolgten Einwanderungswelle. Die 1975 formulierte Einwanderungspolitik Schwedens läßt sich mit drei einwanderungspolitischen Zielen zusammenfassen: Gleichberechtigung; Wahlfreiheit; Mitwirkung. Gleichberechtigung bedeutet, den Zugewanderten gleiche Möglichkeiten, Rechte und Pflichten wie der einheimischen Bevölkerung einzuräumen. Wahlfreiheit bedeutet, Mitgliedern sprachlicher Minderheiten die Möglichkeiten zu geben, sich eine schwedische kulturelle Identität anzueignen, und dabei ihre ursprüngliche Identität zu behalten und weiterzuentwickeln. Mitwirkung bedeutet das Zusammenspiel von zugewanderten Gruppen und Einheimischen in gemeinsamen Fragen. Die Formulierung der Einwanderungspolitik erfolgte in einer Zeit der stabilen Volkswirtschaft, Vollbeschäftigung und mit Prognosen für ein fortgesetztes hohes Wirtschaftswachstum.

Doch mit dem immer größer werdenden Flüchtlingsstrom veränderte sich die schwedische Zuwanderung radikal. Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre stieg aufgrund der hohen Flüchtlingswelle die Zahl der Asylbewerber und betrug zwischen 10.000 und 30.000 jährlich. Iraner, Iraki, Chilenen, Argentinier, Peruaner, Kurden und Eritreer sind Beispiele für neue Flüchtlingsgruppen, die nach Schweden kamen. Die letzte große Flüchtlingswelle erfolgte 1992–94, als Schweden über 170.000 Flüchtlinge aufgenommen hatte, die vor allem von dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien geflohen waren. Die Flüchtlinge kamen unvorbereitet in eine Gesellschaft, die sie nur mühsam in den Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt und ins Ausbildungssystem zu integrieren verstand. Viele Flüchtlinge landeten in den Vororten der Großstädte. Dort setzte gegen Ende der 80er Jahre auch die Segregation ein, die wir in der heutigen Gesellschaft erleben. Mitte der 90er Jahre waren fast 950.000 der 8,8 Millionen Einwohner Schwedens in einem anderen Land geboren. Insgesamt belief sich die Zahl der Personen »ausländischer Abstammung« (entweder im Ausland geboren oder mit mindestens einem, im Ausland geborenen Elternteil) auf 1,6 Millionen Menschen, was fast einem Fünftel der Bevölkerung entspricht. In nur einem Jahrzehnt ist eine neue multikulturelle Gesellschaft herangewachsen. Eine Gesellschaft, die beständig sein wird.

Wachsende Probleme

In den 70er Jahren trugen die Zugewanderten mit etwa 6 Milliarden Kronen jährlich zum öffentlichen Sektor bei. Die Zugewanderten leisteten damals vor allem durch ihre Arbeit in der Industrie und in der Bauwirtschaft einen Beitrag zur Produktion des Landes. Heute ist das Bild umgekehrt. Die Nettoüberweisungen an Einwanderungsgruppen im Rahmen verschiedener Transferleistungen wie z.B. Sozialhilfe, Wohngeld und Arbeitslosengeld belaufen sich auf ca. 20 Milliarden Kronen jährlich. Die Erklärung ist einfach; unter den gegenwärtigen Zugewanderten ist die Arbeitslosigkeit hoch, viele sind vorzeitig in den Ruhestand gegangen, die Abhängigkeit von Sozialleistungen ist stark ausgeprägt.
Das Bild der Zuwanderung wurde von dieser Entwicklung beeinflusst. Gerät die Volkswirtschaft in Schwierigkeiten, steigen Arbeitslosigkeit und gleichzeitig auch die Aufnahme der Flüchtlinge an, dann entsteht rasch eine Stimmung der Unzufriedenheit mit dieser Situation. Anfang der 90er Jahre war eine Reaktion gegen die Einwanderungspolitik zu verspüren, doch auch gegen die schon im Land lebenden Zugewanderten. Schweden führte, wie auch viele andere Länder, eine Debatte über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und die Ausmaße einer multikulturellen Gesellschaft.

Zu diesem Zeitpunkt ist eine neue Ausrichtung der Politik gefordert. Ende der 90er Jahre geht es nicht mehr um die Einwanderungspolitik, sondern vielmehr um die Integration. Fragen, die Ausbildung, Beschäftigung, Wohnen und Segregation betreffen, müssen nach Meinung von Regierung und Parlament in den Vordergrund gerückt werden.

Viele Kritiker der schwedischen Einwanderungspolitik sind der Meinung, dass Schweden ein System der Ausgrenzung geschaffen hat, da die Frage der Zugewanderten als separates Problem angesehen wird, und nicht in die Gesellschaftsfragen als solche integriert wurde. Von verschiedener Seite wurde behauptet, dass im Zuge der behördlichen Steuerung, Detailplanung und Institutionalisierung des Alltags der Zugewanderten die Zuwanderer passiv und zu einer »schwachen Gruppe« gemacht wurden, die immer stärker von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld abhängig sind.

In vielen Kommunen können Schweden ausländischer Abstammung – manchmal über zehn Jahre in Schweden lebend – für Hilfestellung nach wie vor das »Einwanderungsbüro« aufsuchen. Dies ist, so die Kritiker, ein Beispiel für eine falschgelenkte Betreuung, mit angelernter Hilflosigkeit und sozialer Ausgrenzung als Folge.

Die Haltung gegenüber der Integrationsfrage hat sich in den letzten Jahren geändert. Heute vertreten die meisten die Ansicht, dass es um die Integration von Zugewanderten und Schweden, und um die Integration von Schweden und Zugewanderten geht. Die Segregation ist nicht in erster Linie ein ethnisches, sondern vielmehr ein finanzielles Problem.

So lange eine so hohe Zahl von Schweden ausländischer Abstammung keine Arbeit erhalten, weder schwedisch sprechen noch in den verschiedenen Einrichtungen und Organisationen der Gesellschaft einbezogen sind, wird die Segregation ein Problem darstellen. Nachfolgend eine kurze Schilderung einiger, in den letzten Jahren in Schweden erfolgten Maßnahmen zur Bekämpfung von Segregation und Fremdenfeindlichkeit und zur Erleichterung der Integration von seit Generationen im Lande wohnenden Schweden und Zugewanderten.

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