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Gymnasialschule und Erwachsenenbildung
Einer der Grundzüge des schwedischen Bildungswesens ist, dass alle Kinder und Jugendlichen gleichen Zugang zu Ausbildung haben müssen – ungeachtet ihres ethnischen und sozialen Hintergrunds oder ihres Wohnorts. Die Ausbildung, nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene, soll innerhalb jeder Schulform gleichwertig sein, in welchem Teil des Landes sie auch veranstaltet wird. Die obligatorische neunjährige Grundschule und die Gymnasialschule sind beide integrierte Einheitsschulen, die alle Mitglieder der heranwachsenden Generation aufnehmen sollen. Alle Schulen sind Koedukationsschulen. Die Lehrplanwerke für die Pflichtschule und die Gymnasialstufe gelten für das ganze Land.
Die Erwachsenenbildung hat eine lange Tradition in Schweden, und Möglichkeiten zur Weiterbildung und zu lebensbegleitendem Lernen werden im ganzen Land in vielen Formen angeboten. Erwachsenenbildung, die dem in der Pflichtschule und in der Gymnasialschule veranstalteten Unterricht entspricht, ist Teil des öffentlichen Schulwesens. Die schwedische Schulausbildung ist also ein seiner Struktur nach einheitliches System von der Grundschulstufe bis zur Gymnasialschule und Erwachsenenbildung. Alle öffentliche Ausbildung wird ganz oder teilweise über die öffentlichen Haushalte finanziert, und der Unterricht in allen öffentlichen Ausbildungseinrichtungen ist gebührenfrei. Für Schüler und Studenten der Gymnasialschule, der Erwachsenenbildung und an den Universitäten und Hochschulen gibt es verschiedene Arten von Schülerbeihilfen und Studienförderungen.
Zuständigkeiten
Die übergreifende Zuständigkeit für alle Ausbildung in Schweden liegt beim Reichstag und der Regierung. Mit Ausnahme der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften, die dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fischerei untersteht, und der Arbeitsmarktausbildung, die zum Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Arbeit gehört, fällt alle Ausbildung in Schweden, ab 1997 auch die Kinderbetreuung im Vorschulalter, unter die Zuständigkeit des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft.
Unter der Aufsicht des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft sind das Zentralamt für Schule und Erwachsenenbildung, das Staatliche Institut für Behindertenfragen in der Schule, die Provinziallandtage, die Gemeinden und private Träger für die Durchführung des Bildungsauftrags verantwortlich.
Reformen im Bildungswesen
Im Zuge einer allgemeinen Tendenz in der schwedischen Gesellschaft zur Dezentralisierung von Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnissen hat das Bildungswesen in den letzten Jahren grundlegende Veränderungen durchgemacht. In Übereinstimmung mit entsprechenden Reichstagsbeschlüssen wurde 1991 die volle Arbeitgeberverantwortung für das Lehrpersonal an Schulen vom Staat auf die Gemeinden und deren kommunale Schulbehörden übertragen, die auch die ungeteilte Verantwortung für die Organisation und die Durchführung der Tätigkeit der Schulen erhielten. Der Reichstag legte auch die Grundsätze für eine ziel- und resultatorientierte Leitung der Schulen mit weniger Regeln und klareren Zielen fest.
Ein weiterer Grundsatz der Bildungspolitik ist, Spielraum für Mannigfaltigkeit im Bildungswesen und Freiheit für die einzelnen Schüler und Studenten zu schaffen, unter verschiedenen Arten von Schulen und zwischen unterschiedlichen Ausbildungsgängen zu wählen. Das Grundprinzip für die Verteilung der Zuständigkeiten und Funktionen im heutigen Bildungswesen ist, dass der Reichstag und die Regierung die Bildungsarbeit durch die Definition von für das ganze Land geltenden Zielen und Richtlinien für die Ausbildung lenken, während die Zentralbehörden und die kommunalen Behörden zusammen mit den verschiedenen Trägern der Ausbildung gewährleisten sollen, dass das Bildungswesen in Übereinstimmung mit den übergreifenden landesweiten Zielen funktioniert. Innerhalb der vom Reichstag und der Regierung festgelegten Richtlinien haben die Träger beträchtliche Freiheit zu bestimmen, wie die Tätigkeit durchgeführt und die Ressourcen verteilt und benutzt werden sollen.
Der Übergang zur ziel- und resultatorientierten Leitung des Bildungswesens erfordert, dass die Regierung und die kommunalen Behörden ebenso wie die einzelnen Schulen die Tätigkeit in der Schule fortlaufend im Verhältnis zu ihren Zielen und den für die Tätigkeit geltenden Bedingungen verfolgen und auswerten.
Zuständigkeiten und Verwaltung – zentral
Allgemeine politische Entscheidungen über die Ziele, die Tätigkeiten und die Finanzierung des Bildungswesens unterliegen der gemeinsamen Zuständigkeit des Reichstags und der Regierung. Die Gesetze werden vom Reichstag verabschiedet, der auch die staatlichen Mittel für das Bildungswesen bewilligt. Die Regierung erlässt die Schulordnungen sowie allgemeine Richtlinien für verschiedene Ausbildungsarten und entscheidet über die Verteilung der bewilligten Mittel. Die Regierung legt ferner die Lehrplanwerke für das ganze Schulsystem fest.
Die wichtigste Zentralbehörde für die Aufsicht über das Schulwesen ist das Zentralamt für Schule und Erwachsenenbildung (Skolverket). Zu seinen hauptsächlichen Aufgaben gehören die Kontrolle, Beobachtung und Auswertung aller Tätigkeiten in den Schulen des Landes sowie die Aufsicht über die Schultätigkeit. Ferner ist es für die zentrale Entwicklungsarbeit im Schulwesen zuständig. Schließlich soll die Behörde gewährleisten, dass schulpädagogische Forschung betrieben wird, dass Lehrer und Schulleiter Grundausbildung erhalten und dass Fortbildung für Lehrer angeboten wird.
Die Zuständigkeit für verschiedene Förderungsmaßnahmen für Schüler mit Funktionsbehinderungen in der Schule liegt beim Staatlichen Institut für Behindertenfragen in der Schule (Statens institut för handikappfrågor i skolan). Die staatlichen Behörden unterbreiten der Regierung ihre Jahresberichte und Etatforderungen. Darüber hinaus legen sie dem Reichstag und der Regierung umfassende Berichte über die Lage in ihrem Zuständigkeitsbereich sowie Ausgangsdaten für die langfristige Entwicklung des schwedischen Bildungswesens vor.
Zuständigkeiten und Verwaltung – lokal
Die kommunalen Behörden tragen die übergreifende Verantwortung für die Durchführung und Entwicklung der Ausbildungsaktivitäten im Rahmen des Schulwesens. Das Kommunalgesetz von 1991 gibt Gemeinden und Provinziallandtagen die Möglichkeit, ihre eigene Organisationsstruktur zu wählen, und die Zuständigkeitsbereiche der kommunalen Ausschüsse können daher verschieden aussehen. Es ist jedoch sehr häufig so, dass der Pflichtschulbereich in die Zuständigkeit eines Kinder- und Jugendpflegeausschusses fällt, der also auch für die Kinderbetreuung zuständig ist. Die Gymnasialschule und die Erwachsenenbildung unterstehen normalerweise einem Bildungs- und Kulturausschuss. Der jeweilige Ausschuss, dem die Schulfragen obliegen, ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass
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Schulen und Vorschulen gebaut werden und ausreichende Einrichtungen zur Verfügung stehen
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die Tätigkeit der Schulen, Vorschulen und Einrichtungen für Kinderbetreuung in der Gemeinde koordiniert wird
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qualifizierte Lehrer und anderes Schulpersonal angestellt wird und interne Fortbildung erhält
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kommunale Mittel für die Tätigkeit der Schulen und Vorschulen bereitgestellt werden
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die Erreichung der in den Lehrplanwerken niedergelegten Ziele ermöglicht wird
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die allgemeinen Richtlinien befolgt werden.
In der Praxis sind die kommunalen Schulausschüsse dafür verantwortlich zu gewährleisten, dass die schwedischen Schulen einen gleichmäßigen Standard im ganzen Land aufrechterhalten. Von jeder Gemeinde wird verlangt, dass sie die allgemeinen Ziele für ihre Schulen in einem Schulplan darlegt, der vom Gemeinderat angenommen werden muss. Die Gemeinde ist verpflichtet, die Ausführung des Schulplans zu überwachen und auszuwerten sowie die Regierung mit Berichten über Tatsachen und Umstände zu versehen, die für die Bewertung der Tätigkeit in den Schulen von Bedeutung sind. Ferner muss jede Schule einen Arbeitsplan aufstellen, der sich auf das entsprechende Lehrplanwerk und lokal beschlossene Schwerpunktsetzung gründet. Der Arbeitsplan muss auch weiterverfolgt und ausgewertet werden. Jede Gemeinde und jede Schule muss jährlich einen Qualitätsbericht abfassen, in dem ihre Ergebnisse in bezug auf die landesweiten Ziele sowie die Notwendigkeit, die Ergebnisse zu verbessern, beurteilt werden.
Die Gewerkschaften der Lehrer und anderer Arbeitnehmer in der Schule sind nach dem Mitbestimmungsgesetz berechtigt, Informationen zu erhalten und Gelegenheit zu bekommen, auf anstehende Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Die Mitwirkungsrechte der Schüler sind im Schulgesetz festgelegt, ihre praktische Anwendung wird jedoch lokal bestimmt. Der Einfluss von Eltern und Schülern auf die Verwaltung der Schulen wird durch die Mitwirkung in den lokalen Schulausschüssen vergrößert.