Selbstverständlich gilt die Unschuldsvermutung. Jörg Tauss hat aber selbst eingeräumt, dass sich solches Material auf seinem Rechner befunden hat und dass er Kontakte zu der Szene aufgebaut hat. Die Beweise sind in der Hinsicht also eindeutig, aber die juristische Bewertung steht noch aus. Das Verfahren mag gut ausgehen für ihn, aber dass er Kinderpornographie besessen hat, ist ein Fakt, an dem nichts mehr zu rütteln ist.Mark hat geschrieben:Moment mal wieso ist der Mann politisch erledigt? Gibt es in Deutschland keine Unschuldsvermutung mehr, unschuldig bis das Gegenteil bewiesen wurde? Wenn Tauss nach der aktuellen Untersuchung freigesprochen wird, nehmen wir das mal kurz an, dann sollten seine Leistungen zählen.
Die Politik ist nicht die Justiz - der Wähler ist nicht verpflichtet, bei einem Freispruch die Fakten des Verfahrens zu ignorieren. Man kann viele Dinge tun, die legal sind, aber trotzdem verwerflich. An der Wahlurne ist nicht das polizeiliche Führungszeugnis entscheidend, sondern ob ein Kandidat glaubwürdig ist. Kinderpornographie steht für die Gesellschaft weit jenseits der Kategorie "verzeihlich". Jemand, der seine Frau betrogen hat oder wegen Alkohol am Steuer erwischt wurde, ist vielleicht noch wählbar. Jemand, der mit Kinderpornographie zu tun hatte, steht aber für die breite Bevölkerung moralisch nicht erheblich besser da als ein Mörder.
Politisch erledigt ist er auf alle Fälle, denn wer wird einen Kandidaten aufstellen und wählen, der Kinderpornographie besessen und Kontakte zur dazugehörigen Szene gehabt hat? Politiker haben kein Netz und keinen doppelten Boden. Sie können hoch aufsteigen und genauso tief fallen. Wer Vertrauen verspielt, wird knallhart abgestraft.
Jörg Tauss stand 2005 auf Listenplatz 8 in Baden-Württemberg - bis einschließlich Listenplatz 23 kamen alle in den Bundestag. Die Nr. 8 war also bombensicher und zeugt von einem gewaltigen Vertrauen für ihn in der SPD BaWü. Er war zudem Generalsekretär der SPD in BaWü. Dieses Vertrauen dürfte in den Tagen nach seinem Rücktritt von den Parteiämtern verloren gegangen sein. Dass die Partei ihn nochmal auf eine Liste setzen würde, war sehr unwahrscheinlich - und wenn, dann bestimmt nicht auf einen Platz, der aussichtsreich ist. Im Wahlkreis Karlsruhe-Land mögen sie ihn vielleicht immer noch, aber er hat schon letztes Mal nicht das Direktmandat geholt, und dass die Wähler in dieses Mal wählen würden, ist beim besten Willen nicht anzunehmen.
Es war also zu annähernd 100% sicher, dass er dem nächsten Deutschen Bundestag nicht mehr angehören würde. Und zumindest zu 80% sicher, dass er in der SPD in absehbarer Zeit keinen Fuß mehr auf die Erde bekommen würde.
Daher haftet diesem Abgang auch der Verdacht an, dass er in erster Linie eine exzellente Gelegenheit war, den moralischen Märtyrer zu spielen, denn zu verlieren gab es nichts mehr. Würde nicht gegen ihn ermittelt, wäre er eventuell noch ein paar Jährchen länger in Bundestag und Parteiämtern geblieben.
Bei letzterem Link wird mir gar nichts angezeigt.http://netzpolitik.org/2009/zensursula- ... litycheck/ - 879 von 1047 gesperren Seiten in Finnland sind was anderes
http://blog.kleinerchemiker.net/archive ... e-Bay.html - The Pirate Bay kurzfristig auf dem Schwedischen Index
Netzpolitik.org ist viel Polemik - zwar bin ich auch gegen Netzsperren, aber nicht alles, was die bei netzpolitik.org so daherargumentieren, ist stichhaltig.
Die Frage ist: was steht auf diesen 879 Seiten?
Die Unterstellung ist ja, dass nicht nur Kinderpornographie gesperrt wird, sondern auch missliebige Inhalte - wobei missliebig dann gleich als politisch missliebig weiterinterpretiert wird.
Der Netzpolitik.org-Beitrag gibt das aber nicht her, und mich würde interessieren, welche Sperrungen denn in Finnland und Schweden politisch missliebige Seiten betreffen. In Schweden gibt es immerhin eine legale Partei namens "Nationalsocialistisk Front". Wenn man derartige Spinner ungestört operieren lässt, würde mich schon interessieren, was dann politisch so missliebig sein kann, dass es gesperrt wird.
Mein Verdacht ist, dass Pornographie gesperrt wird, die man für Kinderpornographie halten könnte. Es ist ja nicht so, dass man alleine durch Analyse eines Bildes zweifelsfrei feststellen kann, dass es sich um Kinderpornographie handelt, zumal bestimmte Produktionen bewusst den Eindruck erwecken möchten, die Teilnehmer seien jünger als 18.
Der Vorwurf, man würde hier politische Zensur betreiben, ist zumindest aus meiner Sicht nicht bestätigt.
Jedoch unterliegt auch Pornographie der Meinungs- und Pressefreiheit, was die pauschale Sperrung der Pornographie nach dem Motto "ist ja eh nur Porno" nicht rechtfertigen kann.
Das Problem bei der Methode ist schlichtweg, dass Polizist und Richter hier an einer Stelle versammelt werden. Bei jeder Straftat muss ein Richter über Durchsuchungsbeschlüsse und Untersuchungshaft befinden, hier nicht. Auch bei Ordnungswidrigkeiten kann jeder Bestrafte Rechtsmittel einlegen. Hier wird der Bestrafte (also die gesperrte Webseite) nach der Regelung zwar unterrichtet und um Löschung gebeten, aber er wird in aller Regel gar nicht oder nur mit erheblichem finanziellen Aufwand Rechtsmittel einlegen können. Wenn also das BKA eine Sperrung beschließt und damit grundgesetzlich geschützte Rechte beschränkt, dann wird das in aller Regel nicht einmal richterlich geprüft, sondern nur vierteljährlich durch ein Expertengremium.
Es bleibt zu hoffen, dass der Bundespräsident erneut bereit ist, ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Gesetz nicht zu unterschreiben und man dann in Karlsruhe die Sache klärt.